Leseprobe |
|
Peter C. Lenke 288 Seiten, Fotos,
Broschiert |
|
Die goldenen 50er Jahre in Dahlem (19501955) Die
erste Nachkriegswohnung klein aber fein ... Inspiriert und motiviert von dem Wechsel in unsere neue Wohnung und von der schönen, uns von früher wohlbekannten Umgebung übersahen wir gern die Unzulänglichkeiten unserer ersten Einrichtung und überlegten schon, wie wir sie in Zukunft noch verbessern könnten. Wir genossen es, nun endlich Herr in unserer eigenen kleinen Wohnung zu sein und freuten uns, dass sogar ein kleines Stückchen Garten zu dieser Wohnung gehörte. Zwar war unser neues Zuhause bei weitem nicht mit dem zu vergleichen, was wir durch den Bombenkrieg verloren hatten, aber unser kleines Reich erinnerte doch ganz entfernt ein wenig daran. Wir waren nach allem, was wir erlebt hatten, bescheiden geworden und dankbar für jede noch so kleine Verbesserung unseres Alltags. Viele Menschen in Westberlin müssen zu Beginn der fünfziger Jahre wohl von ähnlichen Gefühlen durchdrungen gewesen sein, denn es herrschte nachdem die erste Nachkriegszeit, das Blockadejahr und die Unsicherheiten der Währungsreform seit gut einem Jahr hinter uns lagen überall eine von Elan getragene hoffnungsvolle Aufbruchstimmung. Trümmer und Baulücken verschwanden nach und nach und wurden durch wiederhergestellte oder neue Gebäude ersetzt. Inzwischen hatte Ulrich durch Vermittlung von Onkel Rudolf eine bessere Stellung gefunden und war nicht mehr bei der kleinen Firma Christian Stark in Zehlendorf einem typischen Gebilde der Nachkriegszeit tätig. Er hatte nun eine Position mit besseren Zukunftsaussichten in der Bilanzbuchhaltung der Heliowatt-Werke, einem Unternehmen, das Stromzähler und Radios herstellte. Es hatte seinen Sitz in der Wilmersdorfer Straße in Charlottenburg. Ich ging indessen weiterhin auf die Rheingau-Oberschule in Friedenau und hatte mich längst an den langen Schulweg gewöhnt. Solange die Schule noch in ihrem Ausweichquartier untergebracht war, fuhr ich entweder mit der U-Bahn oder bei schönem Wetter mit dem Rad dorthin. Als die Kriegsschäden an dem ursprünglichen Schulgebäude beseitigt waren und der Unterricht wieder dort stattfand, benutzte ich den Bus oder so oft wie möglich auch das Fahrrad. Es war damals noch möglich, den Straßenzug Unter den Eichen Schlossstraße Rheinstraße mit dem Fahrrad als gleichberechtigter Verkehrsteilnehmer gefahrlos neben dem übrigen Verkehr zu benutzen. Trotzdem wählte ich sehr gern auch den schöneren Weg im Verlauf der U-Bahn über Podbielskiallee, Breitenbachplatz und Südwestkorso... Westberlins
aufblühendes Kulturleben
Aber
auch andere große Schauspieler wie zum Beispiel Ernst Deutsch
als König Ödipus oder Werner Krauß als Schuster Voigt
im Hauptmann von Köpenick erlebte ich im Schiller-Theater, und
dazu das ganze hervorragende Ensemble vom Schiller- und Schlosspark-Theater
wie Martin Held, Peter Mosbacher, Carl Raddatz, Wilhelm Borchert,
Aribert Wäscher, Käthe Braun, Lu Säuberlich und die
vielen anderen in unvergesslichen Aufführungen. Wie konnte man
eine Spielstätte wie das Schiller-Theater 1993 einfach schließen?
Der Theaterregisseur Peter Zadek meint, dass mit dieser Schließung
der Tod der Berliner Kultur begonnen habe. Ich mag angesichts meiner
Erinnerungen an so viele hervorragende Theatererlebnisse zur damaligen
Zeit daran einfach nicht glauben. Wohl aber dürfte unabhängig
von der Art des gespielten Theaters die Theaterszene im früheren
Ostteil der Stadt diejenige im Westen heute dominieren. So ändern
sich eben die Zeiten! Aber zurück zu den goldenen fünfziger
Jahren: Als das im Krieg unzerstörte Hebbel-Theater seine Pforten
Anfang 1952 dank der Initiative von Walther Suessenguth wieder öffnete
und mit einer Schar junger Schauspieler das an sich eher belanglose
Stück Die Zwanzigjährigen zu einem grandiosen Erfolg führte,
war auch ich dabei. Dort sah ich die damals noch recht jungen Schauspieler
Gisela Trowe, Maria Sebaldt, Harald Juhnke, Wolfgang Kieling, Klaus
Schwarzkopf und Klaus Kinski vereint auf der Bühne, ein jeder
auf seine Weise engagiert und eindringlich agierend. Ein unvergessliches
Ereignis war auch die Aufführung von Lessings Nathan der Weise
im Hebbel-Theater, bei der neben Walther Suessenguth als Nathan auch
Gisela Trowe, Camilla Spira und Klaus Schwarzkopf mitwirkten. ... |
|