Leseprobe

Otto Bergmann
Mit Rommel durch die Wüste
Als Kraftfahrer beim Deutschen Afrikakorps 1941-1943

Broschiert, 144 Seiten,
zahlreiche Abbildungen.
Sammlung der Zeitzeugen (12),
ISBN 3-933336-46-5

16,80 EUR



Kurzbeschreibung

Das »Deutsche Afrikakorps« wurde - ebenso wie sein Befehlshaber, Generalfeldmarschall Erwin Rommel, der »Wüstenfuchs« - nach dem Zweiten Weltkrieg zum Mythos. Zwei Jahre lang, von 1941 bis 1943, kämpften deutsche Soldaten an der Seite der Italiener gegen die Briten und ihre Verbündeten.

Als Kraftfahrer bei einer Nachrichtenkompanie begleitet Otto Bergmann die deutschen und italienischen Truppen auf ihrem Vormarsch von Libyen nach Ägypten. Neben dem Kampfgeschehen machen Hitze und Staub, ständiger Durst und die permanente Bedrohung durch Tieffliegerangriffe den Soldaten fast täglich zu schaffen und fordern ihnen das Äußerste an Kraft ab.


Auf dem Weg nach Afrika -
Ausbildung und Vorbereitung auf den Einsatz

Wir schrieben das Jahr 1941. Eine kurze, aber intensive Ausbildungsperiode als motorisierter Infanterist lag hinter mir. Ich absolvierte sie im ehrwürdigen Wittenberg, wo Martin Luther seine 95 Thesen an das Kirchentor genagelt hatte. Leider verblieb mir zu wenig Zeit, um mich mit der Vergangenheit dieser berühmten Stadt zu beschäftigen.
Dann kam der erste Marschbefehl. Es ging zur Heeresnachrichtenschule nach Halle an der Saale. Dort kam ich als motorisierter Infanterist zur 8. Nachrichtenkompanie. Diese setzte sich wenig später nach Potsdam, der schönen Garnisonsstadt, in Marsch. Schnell verbreitete sich bei uns das Gerücht, wir würden einem Sonderverband eingegliedert werden, der in Kürze zusammengestellt und nicht an den bekannten Kriegsschauplätzen operieren würde.

Diese Vermutung sollte sich alsbald bewahrheiten, denn einige Zeit später wurde ich in die Schreibstube der Kompanie beordert und als Fahrer zu einer Lkw-Fahrt nach Bernau, einem Städtchen nördlich von Berlin, eingeteilt. Dort sollten wir Tropenkleidung für unsere Einheit abholen.

Als Fahrzeuge dienten nagelneue Citroëns, die gerade aus Frankreich eingetroffen waren. Zusammen mit einem weiteren Lkw, in dem ein Unteroffizier der Kleiderkammer mitfuhr, sollten wir uns auf den Weg machen. Mein Beifahrer hatte zunächst ebensowenig Ahnung wie ich, wo sich Bernau befindet. Ein kleiner Taschenkalender, in dem nützlicherweise eine winzige Karte Deutschlands abgedruckt war, die tatsächlich Bernau auswies, half uns weiter. Ohne Anleitung, wie der Lkw zu bedienen war – die Armatur unterschied sich von derjenigen deutscher Lkws doch sehr – traten wir unsere Reise an.

Für die Tropen gerüstet: Zu unserer großen Überraschung erhielten wir im Sommer 1941 – noch während unserer Stationierung in Potsdam – Tropenkleidung. Damit war klar, daß wir an keinem der bekannten Kriegsschauplätze eingesetzt würden.


Nach kurzer Zeit, noch bevor wir die Vororte Berlins erreicht hatten, verschwand unser Leitfahrzeug plötzlich aus unserer Sicht, und wir waren völlig auf uns selbst gestellt. Daß wir dennoch Bernau und das Bekleidungslager gefunden haben, grenzt an ein Wunder. Wir faßten die Tropenbekleidung, folgten in Windeseile dem vorausfahrenden Lkw des Unteroffiziers und kamen wohlbehalten in der Potsdamer Hohenlohe-Kaserne, unserem neuen Quartier, an.

Merkwürdig schien mir, daß man auch unsere Körpermaße wissen wollte. Dazu hieß es‚ wir müßten eventuell als Zivilisten bestimmte Länder durchqueren, um unseren endgültigen Einsatzort ungefährdet erreichen zu können. Einige Tage später standen wir zum ersten Mal in Tropenkleidung vor dem Spieß. Ich kam mir mit dem Tropenhelm und den lächerlichen, von Schnüren durchzogenen Leinenstiefeln, die bis unters Knie reichten, sehr komisch vor.

Anschließend wurden wir ein letztes Mal auf Heimaturlaub geschickt und durften unseren Müttern Lebewohl sagen.


Durch die Wüste

(...) Der Weg wurde immer schwieriger. Weite Strecken losen Sandes machten die Fahrt zu einer Qual. Die Staubkruste auf unseren Gesichtern wurde immer dicker und verlieh ihnen maskenhafte Züge. Bei einer erneuten Pause nahmen wir die Brille ab und mußten herzlich lachen. Wir sahen mit unseren fleischfarbenen runden Augenlöchern aus wie Brillenaffen.
Erneut mußten wir wegen allzu hoher Steine die Marschrichtung verlassen, bevor wir nach dreißig Kilometern wieder auf sie einschwenken konnten. In der Ferne sahen wir am Spätnachmittag eine Bergkuppe aufragen, die wir in großem Bogen umfuhren. Meine Lippen waren trocken und aufgesprungen. Ich versuchte, die kleinen Fetzen Haut abzulösen, holte dann aber die Lippenpomade heraus, die Bestandteil unserer Ausrüstung war.

Die Gegend war unheimlich. Kein Vogel, keine Gazelle, kein Hase – nicht einmal Fliegen waren zu sehen, obwohl diese zu den ständigen Begleitern der Truppen gehörten. Gelegentlich zeigten sich in weiter Ferne kleine Sandwirbel. Manchmal dachte ich, große Seen zu sehen, mit Sträuchern an den Rändern, aber es waren Luftspiegelungen.

Der Abend kam, wir rückten dichter auf, um uns nicht aus den Augen zu verlieren. Manchmal, wenn wir anhielten, um mit dem Fernglas den Horizont abzusuchen, hörten wir Geräusche. Dann war es wieder still. Die Wüste machte hier den Eindruck einer unheimlichen Leere. Die Geräusche wurden stärker. Die Weite diente als Resonanzboden. Wie ein großer, leerer Raum, in dem man beim Rufen einen Nachhall hört. Nur ist in der Wüste das Echo noch deutlicher – als ob wir unter einer riesigen Blechwanne stünden und jemand am hintersten Ende auf eine Pauke schlüge.

Unsere Funkstelle, ein weithin sichtbarer Kastenwagen, eingegraben im Wüstensand und getarnt. Ich selbst sitze ganz rechts.


Die Dunkelheit hüllte uns nun ein. Wir durften kein Licht einschalten, rückten dicht auf und fuhren immer weiter. Mit der Zeit konnten wir am Horizont ein helles Aufblitzen sehen, das mit Wetterleuchten nichts zu tun hatte. Wir blieben stehen und vernahmen erneut Paukenschläge.

Wir fuhren in die Richtung, aus der die Geräusche kamen, denn dort mußte unser Stützpunkt liegen. Nach einer weiteren Stunde hatten wir unser Ziel erreicht. Dunkle Silhouetten kündeten von den Zelten unserer Kampfgruppe und des Regimentsstabes. Nachdem Leutnant Müller sich beim Kommandeur gemeldet hatte, wollte ich den Wagen reinigen. Ich beließ es aber bei der bloßen Absicht, denn ich war todmüde.

In der Ferne hörten wir die Einschläge des Gegners. Ich war zu müde, um darauf zu achten, und schlief in den nächsten Tag hinein, der für mich der Beginn eines neuen Abschnitts werden sollte. Erst am Morgen konnte ich feststellen, wo wir gelandet waren. Mein Wagen stand am Rande eines etwa sechs Kilometer langen, völlig ausgetrockneten und ebenen Salzsees.

Die Oberfläche war vom Wind spiegelglatt gefegt. Nicht ein einziges Kieselsteinchen war zu finden. Am entgegengesetzten Ufer stand ein kleiner, vermutlich längst verdorrter Strauch, der sich in der flimmernden Luft spiegelte. Ich konnte mir nicht erklären, warum kein Riß in dieser spiegelglatten steinharten Schlammschicht zu sehen war.
»Diese glatte Fläche müßte sich gut für Rennfahrten eignen«, dachte ich. Ich stellte später aber fest, daß die Oberfläche durch den erhärteten Feinschlamm zu rutschig war.



Mein Kamerad Hans Volk, der als Funker in unserer Nachrichtenkompanie tätig war, beim Abhören von Funksprüchen im Kfz 17.

Im Laufe des Tages wurde mir der Platz für meinen Fernsprechwagen zugewiesen. Ein Splitterloch zum Schutz bei feindlichen Angriffen war schon vorhanden. Für den Wagen mußte ich eine Deckung bis zum Motorhaubenabschluß graben. Danach brachte ich das völlig versandete Fahrzeug wieder auf Vordermann.

Wir befanden uns am südlichsten Ende der Front. Unser Verband, der zu diesem Zeitpunkt bereits der 90. Leichten Division unterstellt war, hatte die Aufgabe, die englischen Truppen von einem Vordringen aus dem Süden her abzuhalten. Eine befestigte Linie gab es hier nicht. Die Verteidigung geschah von kleinen, isolierten Stützpunkten aus, die von den Kampfgruppen »Borchardt« und »Kirchner« besetzt waren. Gebirgsjäger und Schützen unseres Verbandes hatten ein scharfes Auge auf jedes Wölkchen am Horizont, das auf Feindbewegungen hindeuten konnte. Ausgedehnte Erkundungsfahrten weit in den Süden hinein dienten der weiteren Aufklärung.

Beide Kampfgruppen waren weit voneinander entfernt und an taktisch günstiger Stelle in etwas überhöhtem Gelände untergebracht. Meinem Wagenkommandanten, Leutnant Müller, oblag es, sich von der Einsatzbereitschaft unserer Funk- und Fernsprechtrupps, die zu den Kampfgruppen abgestellt war, zu überzeugen. So lernte ich, nach Marschkompaß zu fahren, und bekam die Wüste im Umkreis von fünfzig Kilometern zu sehen. Weitere Funkstellen unserer Kompanie waren zum »Deutschen Afrikakorps« und zu den italienischen Verbänden‚ in jedem Fall jedoch zu kämpfenden Einheiten derselben, abgestellt. (...)

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Inhalt
»Mit Rommel durch die Wüste«

Vorwort 7

Auf dem Weg nach Afrika
Ausbildung und Vorbereitung auf den Einsatz 8
Über Griechenland und Italien nach Libyen 10
Landung in Tripolis 23

Durch die Wüste
Dem Kampf entgegen 30
Erste Gefechte 52
Tobruk fällt 58
Vorwärts zum Nil 68
Die Eroberung von Marsa Matruh 77
El Alamein 83
Auf dem Rückzug 104
Letzte Schauplätze 114
Der Kampf ist zu Ende 130

Der deutsche Afrika-Feldzug 133


Autor

Otto Bergmann, geboren 1921 in Haindorf/Sudetenland, kaufmännische Ausbildung an der Handelsschule in Reichenberg, Bankangestellter an der »Kreditanstalt der Deutschen« in Friedland/Böhmen, 1941 Einberufung zur Wehrmacht, als Kraftfahrer beim Deutschen Afrikakorps bis zur Gefangennahme 1943, Entlassung aus amerikanischer Gefangenschaft 1946, danach in verantwortlicher Stellung bei der Transportorganisation der US-Streitkräfte in Regensburg. Ab 1951 Exportgruppenleiter im Export-Farbengeschäft der BASF in Ludwigshafen, mit Verantwortung für die Märkte Großbritannien, Irland, USA/Kanada, Australien/Neuseeland und Afrika. Seit 1983 im Ruhestand. Otto Bergmann ist verheiratet, hat zwei Söhne und lebt in Ludwigshafen.