Auf
dem Weg nach Afrika -
Ausbildung und Vorbereitung auf den Einsatz
Wir schrieben das Jahr 1941. Eine kurze, aber intensive Ausbildungsperiode
als motorisierter Infanterist lag hinter mir. Ich absolvierte sie im
ehrwürdigen Wittenberg, wo Martin Luther seine 95 Thesen an das
Kirchentor genagelt hatte. Leider verblieb mir zu wenig Zeit, um mich
mit der Vergangenheit dieser berühmten Stadt zu beschäftigen.
Dann kam der erste Marschbefehl. Es ging zur Heeresnachrichtenschule
nach Halle an der Saale. Dort kam ich als motorisierter Infanterist
zur 8. Nachrichtenkompanie. Diese setzte sich wenig später nach
Potsdam, der schönen Garnisonsstadt, in Marsch. Schnell verbreitete
sich bei uns das Gerücht, wir würden einem Sonderverband eingegliedert
werden, der in Kürze zusammengestellt und nicht an den bekannten
Kriegsschauplätzen operieren würde.
Diese Vermutung sollte sich alsbald bewahrheiten, denn einige Zeit später
wurde ich in die Schreibstube der Kompanie beordert und als Fahrer zu
einer Lkw-Fahrt nach Bernau, einem Städtchen nördlich von
Berlin, eingeteilt. Dort sollten wir Tropenkleidung für unsere
Einheit abholen.
Als Fahrzeuge dienten nagelneue Citroëns, die gerade aus Frankreich
eingetroffen waren. Zusammen mit einem weiteren Lkw, in dem ein Unteroffizier
der Kleiderkammer mitfuhr, sollten wir uns auf den Weg machen. Mein
Beifahrer hatte zunächst ebensowenig Ahnung wie ich, wo sich Bernau
befindet. Ein kleiner Taschenkalender, in dem nützlicherweise eine
winzige Karte Deutschlands abgedruckt war, die tatsächlich Bernau
auswies, half uns weiter. Ohne Anleitung, wie der Lkw zu bedienen war
die Armatur unterschied sich von derjenigen deutscher Lkws doch
sehr traten wir unsere Reise an.
Für
die Tropen gerüstet: Zu unserer großen Überraschung
erhielten wir im Sommer 1941 noch während unserer Stationierung
in Potsdam Tropenkleidung. Damit war klar, daß wir an keinem
der bekannten Kriegsschauplätze eingesetzt würden.
Nach kurzer Zeit, noch bevor wir die Vororte Berlins erreicht hatten,
verschwand unser Leitfahrzeug plötzlich aus unserer Sicht, und
wir waren völlig auf uns selbst gestellt. Daß wir dennoch
Bernau und das Bekleidungslager gefunden haben, grenzt an ein Wunder.
Wir faßten die Tropenbekleidung, folgten in Windeseile dem vorausfahrenden
Lkw des Unteroffiziers und kamen wohlbehalten in der Potsdamer Hohenlohe-Kaserne,
unserem neuen Quartier, an.
Merkwürdig schien mir, daß man auch unsere Körpermaße
wissen wollte. Dazu hieß es wir müßten eventuell
als Zivilisten bestimmte Länder durchqueren, um unseren endgültigen
Einsatzort ungefährdet erreichen zu können. Einige Tage später
standen wir zum ersten Mal in Tropenkleidung vor dem Spieß. Ich
kam mir mit dem Tropenhelm und den lächerlichen, von Schnüren
durchzogenen Leinenstiefeln, die bis unters Knie reichten, sehr komisch
vor.
Anschließend wurden wir ein letztes Mal auf Heimaturlaub geschickt
und durften unseren Müttern Lebewohl sagen.
Durch
die Wüste
(...) Der
Weg wurde immer schwieriger. Weite Strecken losen Sandes machten die
Fahrt zu einer Qual. Die Staubkruste auf unseren Gesichtern wurde immer
dicker und verlieh ihnen maskenhafte Züge. Bei einer erneuten Pause
nahmen wir die Brille ab und mußten herzlich lachen. Wir sahen
mit unseren fleischfarbenen runden Augenlöchern aus wie Brillenaffen.
Erneut mußten wir wegen allzu hoher Steine die Marschrichtung
verlassen, bevor wir nach dreißig Kilometern wieder auf sie einschwenken
konnten. In der Ferne sahen wir am Spätnachmittag eine Bergkuppe
aufragen, die wir in großem Bogen umfuhren. Meine Lippen waren
trocken und aufgesprungen. Ich versuchte, die kleinen Fetzen Haut abzulösen,
holte dann aber die Lippenpomade heraus, die Bestandteil unserer Ausrüstung
war.
Die Gegend war unheimlich. Kein Vogel, keine Gazelle, kein Hase
nicht einmal Fliegen waren zu sehen, obwohl diese zu den ständigen
Begleitern der Truppen gehörten. Gelegentlich zeigten sich in weiter
Ferne kleine Sandwirbel. Manchmal dachte ich, große Seen zu sehen,
mit Sträuchern an den Rändern, aber es waren Luftspiegelungen.
Der Abend kam, wir rückten dichter auf, um uns nicht aus den Augen
zu verlieren. Manchmal, wenn wir anhielten, um mit dem Fernglas den
Horizont abzusuchen, hörten wir Geräusche. Dann war es wieder
still. Die Wüste machte hier den Eindruck einer unheimlichen Leere.
Die Geräusche wurden stärker. Die Weite diente als Resonanzboden.
Wie ein großer, leerer Raum, in dem man beim Rufen einen Nachhall
hört. Nur ist in der Wüste das Echo noch deutlicher
als ob wir unter einer riesigen Blechwanne stünden und jemand am
hintersten Ende auf eine Pauke schlüge.
Unsere
Funkstelle, ein weithin sichtbarer Kastenwagen, eingegraben im Wüstensand
und getarnt. Ich selbst sitze ganz rechts.
Die Dunkelheit hüllte uns nun ein. Wir durften kein Licht einschalten,
rückten dicht auf und fuhren immer weiter. Mit der Zeit konnten
wir am Horizont ein helles Aufblitzen sehen, das mit Wetterleuchten
nichts zu tun hatte. Wir blieben stehen und vernahmen erneut Paukenschläge.
Wir fuhren in die Richtung, aus der die Geräusche kamen, denn dort
mußte unser Stützpunkt liegen. Nach einer weiteren Stunde
hatten wir unser Ziel erreicht. Dunkle Silhouetten kündeten von
den Zelten unserer Kampfgruppe und des Regimentsstabes. Nachdem Leutnant
Müller sich beim Kommandeur gemeldet hatte, wollte ich den Wagen
reinigen. Ich beließ es aber bei der bloßen Absicht, denn
ich war todmüde.
In der Ferne hörten wir die Einschläge des Gegners. Ich war
zu müde, um darauf zu achten, und schlief in den nächsten
Tag hinein, der für mich der Beginn eines neuen Abschnitts werden
sollte. Erst am Morgen konnte ich feststellen, wo wir gelandet waren.
Mein Wagen stand am Rande eines etwa sechs Kilometer langen, völlig
ausgetrockneten und ebenen Salzsees.
Die Oberfläche war vom Wind spiegelglatt gefegt. Nicht ein einziges
Kieselsteinchen war zu finden. Am entgegengesetzten Ufer stand ein kleiner,
vermutlich längst verdorrter Strauch, der sich in der flimmernden
Luft spiegelte. Ich konnte mir nicht erklären, warum kein Riß
in dieser spiegelglatten steinharten Schlammschicht zu sehen war.
»Diese glatte Fläche müßte sich gut für Rennfahrten
eignen«, dachte ich. Ich stellte später aber fest, daß
die Oberfläche durch den erhärteten Feinschlamm zu rutschig
war.
Mein
Kamerad Hans Volk, der als Funker in unserer Nachrichtenkompanie tätig
war, beim Abhören von Funksprüchen im Kfz 17.
Im Laufe
des Tages wurde mir der Platz für meinen Fernsprechwagen zugewiesen.
Ein Splitterloch zum Schutz bei feindlichen Angriffen war schon vorhanden.
Für den Wagen mußte ich eine Deckung bis zum Motorhaubenabschluß
graben. Danach brachte ich das völlig versandete Fahrzeug wieder
auf Vordermann.
Wir befanden uns am südlichsten Ende der Front. Unser Verband,
der zu diesem Zeitpunkt bereits der 90. Leichten Division unterstellt
war, hatte die Aufgabe, die englischen Truppen von einem Vordringen
aus dem Süden her abzuhalten. Eine befestigte Linie gab es hier
nicht. Die Verteidigung geschah von kleinen, isolierten Stützpunkten
aus, die von den Kampfgruppen »Borchardt« und »Kirchner«
besetzt waren. Gebirgsjäger und Schützen unseres Verbandes
hatten ein scharfes Auge auf jedes Wölkchen am Horizont, das auf
Feindbewegungen hindeuten konnte. Ausgedehnte Erkundungsfahrten weit
in den Süden hinein dienten der weiteren Aufklärung.
Beide Kampfgruppen waren weit voneinander entfernt und an taktisch günstiger
Stelle in etwas überhöhtem Gelände untergebracht. Meinem
Wagenkommandanten, Leutnant Müller, oblag es, sich von der Einsatzbereitschaft
unserer Funk- und Fernsprechtrupps, die zu den Kampfgruppen abgestellt
war, zu überzeugen. So lernte ich, nach Marschkompaß zu fahren,
und bekam die Wüste im Umkreis von fünfzig Kilometern zu sehen.
Weitere Funkstellen unserer Kompanie waren zum »Deutschen Afrikakorps«
und zu den italienischen Verbänden in jedem Fall jedoch zu
kämpfenden Einheiten derselben, abgestellt. (...)
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Inhalt »Mit
Rommel durch die Wüste«
Vorwort
7
Auf
dem Weg nach Afrika
Ausbildung und Vorbereitung auf den Einsatz 8
Über Griechenland und Italien nach Libyen 10
Landung in Tripolis 23
Durch
die Wüste
Dem Kampf entgegen 30
Erste Gefechte 52
Tobruk fällt 58
Vorwärts zum Nil 68
Die Eroberung von Marsa Matruh 77
El Alamein 83
Auf dem Rückzug 104
Letzte Schauplätze 114
Der Kampf ist zu Ende 130
Der
deutsche Afrika-Feldzug 133
Autor
Otto Bergmann,
geboren 1921 in Haindorf/Sudetenland, kaufmännische Ausbildung
an der Handelsschule in Reichenberg, Bankangestellter an der »Kreditanstalt
der Deutschen« in Friedland/Böhmen, 1941 Einberufung zur
Wehrmacht, als Kraftfahrer beim Deutschen Afrikakorps bis zur Gefangennahme
1943, Entlassung aus amerikanischer Gefangenschaft 1946, danach in verantwortlicher
Stellung bei der Transportorganisation der US-Streitkräfte in Regensburg.
Ab 1951 Exportgruppenleiter im Export-Farbengeschäft der BASF in
Ludwigshafen, mit Verantwortung für die Märkte Großbritannien,
Irland, USA/Kanada, Australien/Neuseeland und Afrika. Seit 1983 im Ruhestand.
Otto Bergmann ist verheiratet, hat zwei Söhne und lebt in Ludwigshafen.
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