Ein Stück Berlin.
Jugend-Erinnerungen 1918-1945
Auswahlband
3 Reihe
ZEITGUT,
184 Seiten, viele Fotos,
13 x 21 cm, gebunden.
ISBN
3-933336-21-X
EUR 9,80
Berlin-Friedrichshain, Anfang
der zwanziger Jahre. Liselotte Haak erinnert sich. In allen Stadtteilen
waren kleine weiße Pferdekastenwagen der Meierei Bolle unterwegs,
aus denen Milch gezapft wurde. Der Leierkastenmann zog von Hof zu Hof.
Als Lohn für seine Musik warfen die Anwohner eingewickelte Geldstücke
aus dem Fenster. Kleine Kaufmannsläden prägten das Bild der
Stadt, unser liebster Spielplatz war die Straße.
Zehn Jahre später, am 27. Februar 1933 brennt der Reichstag. Klaus
Brockerhoff, damals zehnjährig, ist unter den vielen Menschen, die
das zerstörte Gebäude betrachten. Die Berliner diskutieren laut
und kopfschüttelnd. Schon in den Jahren zuvor war Berlin der Austragungsort
politischer Unruhen. Vom Balkon der elterlichen Wohnung in der Kantstrasse
aus beobachtete der Junge Aufmärsche verschiedener Gruppierungen.
Oft entwickelten sich dann die gefürchteten Straßenschlachten.
Es gibt vieles, was der wissbegierige Junge nicht versteht. Warum musste
sein Freund Ralph mit seiner Familie plötzlich wegziehen nach Amerika?
Ralphs Vater hatte die gut gehende Filialkette für Textilwaren verkauft.
Sie waren Juden.
Die Herrschaft des Nationalsozialismus ist eingeläutet. Berlin wird
Ort der Olympischen Spiele, ein Jahr später feiert die Stadt mit
Riesenaufwand ihren 700. Geburtstag. Ludwig Lang berichtet von den Aufmärschen,
Paraden und Straßenfesten. Auch kulturell hat Berlin viel zu bieten.
Zwei Varietés, die Scala und der Wintergarten, genießen Weltruf,
die Operettenhäuser haben Tradition. Für den damals Dreizehnjährigen
gibt es jeden Tag Neues zu erleben. Doch er sieht auch, dass sich in der
Bevölkerung Unsicherheit und Angst breit machen. Die Nazis haben
das Land mit einem Netz von Aufpassern und Denunzianten überzogen.
Für Nichtanhänger des Regimes wird die Lage immer unsicherer.
Viele schweigen aus Sorge um ihre Stellung oder um die Sicherheit ihrer
Angehörigen.
Im April 1940 fallen die ersten Bomben auf Berlin. „Zunächst
war es für uns Halbwüchsige noch eine Sport, nach den Angriffen
Splitter von Flak-Granaten zu suchen“, schreibt Klaus Deißler.
„Ich konnte nicht ahnen, wie sehr uns eines Tages die immer intensiver
werdenden Bombenangriffe zusetzen sollten.“ Mit 16 Jahren wird er
als Luftwaffenhelfer eingezogen, Einsatzort Tegel. Bei einem Angriff im
November 1943 muss er mit erleben, wie sechs gleichaltrige Kameraden durch
eine Sprengbombe getötet werden. Der Bombenkrieg der Alliierten lässt
ganze Stadtviertel in Schutt und Asche versinken, auch sein Elternhaus
wird zerstört, viele Menschenleben sind zu beklagen.
Als der Krieg zu Ende ist, hinterlässt das „Tausendjährige
Reich“ Berlin als Trümmerwüste.
Die Zeitzeugen dieses Buches werden durch die einfühlsame Anordnung
der Texte zu beredten Stadtführern. So entsteht ein sehr lebendiges
„Stück Berlin“, gleichermaßen für Berliner wie
auch für Gäste der Stadt geeignet. Dieses Buch bietet ein Berlin-Bild
der anderen Art - fern von Klischees, ungefiltert und unverstellt. Die
Texte sind mit Fotos und Dokumenten der Verfasser illustriert.
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