Von hier
nach drüben
Grenzgänge 1945–1961
40 Geschichten und
Berichte von Zeitzeugen
Band
11 der Reihe ZEITGUT.
2. erweiterte Auflage 2005
352 Seiten mit vielen Abbildungen, Ortsregister, Chronologie,
gebunden.
12,90 EUR
ISBN 3-933336-13-9
Im
Februar 1945 fand die Lehrerin Erika Peters im thüringischen Wahlhausen-Lindwerra
eine neue Heimat. Hinter ihr lag die Flucht aus ihrer Heimatstadt Stolp
in Pommern, dem heutigen Slupsk in Polen. Zwischen 1946 und 1952 wird
sie Zeugin der zunehmenden Abriegelung der sowjetischen Besatzungszone/DDR,
die für die Betroffenen verheerende Folgen hatte. Die Bauern führen
kleine Landwirtschaften. Ihre Ackerstücke liegen verstreut in der
Flur, viele außerhalb der Dorfgrenze in der britischen Besatzungszone.
Anfangs erhalten sie einen Berechtigungsschein, um das Feld „drüben“
zu bestellen. 1952 ist Schluß damit; von einem zum anderen Tag ist
die Grenze für alle verriegelt. Ein täglich frisch geeggter
Grenzstreifen verrät jedes unerlaubte Betreten.
Erika Peters Geschichte zeigt beispielhaft, wie aus der Demarkationslinie
zwischen russischer, britischer und amerikanischer Besatzungszone die
streng bewachte innerdeutsche Grenze entstand. Bis zum Mauerbau 1961 gelang
dennoch rund 2,8 Millionen Menschen die Flucht in den Westen. In dem Buch
„Von hier nach drüben“ berichten Zeitzeugen in 38 Beiträgen
über ihre Grenzgänge, Fluchten und Reisen in den Jahren von
1945 bis 1961 und zeichnen so ein differenziertes Bild über eine
Zeit, die heute kaum noch vorstellbar scheint.
Zwei Tage vor Weihnachten 1948 flieht Heinrich Polthier mit 14 Jahren
gemeinsam mit seinem 18jährigen Bruder Konrad über West-Berlin
aus der sowjetischen Besatzungszone. Die Eltern hatten die Aufnahme im
Westen mit einer britischen Dienststelle geregelt, um ihre Kinder in Sicherheit
zu bringen. Ihr ältester Sohn Eberhard war zuvor vom sowjetischen
NKWD entführt und in ein sibirisches Straflager verschleppt worden.
Er hatte sich geweigert, unter seinen Lehrern und Mitschülern Spitzeldienste
zu leisten.
1956 hat der damalige Ostberliner Volkspolizei-Oberwachtmeister Bernd
Fierke ein ganz anderes Erlebnis. Nach einem feucht-fröhlichen Abend
gerät er versehentlich mit der S-Bahn nach West-Berlin und steht
vor dem Problem, wie er unauffällig wieder nach Ost-Berlin kommt.
Ab 1961 waren solche Episoden undenkbar. Während einer Schifffahrt
von Südamerika nach Europa erfährt Heinz Gutzeit am 14. August
von einer Touristengruppe aus West-Berlin, die Stadt sei von den Sowjets
abgeriegelt worden. Bange Stunden folgen, Gutzeit notiert: „Eine
Berliner Mauer, dachte ich und hatte meine Zweifel. Ich konnte ja nicht
ahnen, daß sie bereits im Bau war.“
Die Erinnerungen der Zeitzeugen geben einen lebendigen Einblick in den
deutschen Alltag im kalten Krieg. Die persönlichen Erlebnisse lassen
die Zeit auch für jüngere Leser verstehen. Die Texte des Buches
werden von Fotos und Dokumenten der Autoren begleitet.
|