Leseprobe aus den Buch:

Kindheit in Deutschland 1950-1960
46 Erinnerungen
Taschenbuch
ISBN 978-3-86614-156-8
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Mit dem ersten Auto, es war ein TEMPO Vierrad, verkaufte
mein Vater in Berchtesgaden und in den Dörfern der Umgebung Obst und Gemüse.
Gedankenlos-vergeßlich
von Peter Haehnel
Berchtesgaden, Bayern; 1948–1953
Wir waren Umsiedler und wohnten in einer alten Villa inUnterstein an der Ache. Vater hatte einen fahrbaren Verkaufsladen fürLebensmittel, was in Berchtesgaden damals ungewöhnlich war. Damit fuhr er auchauf die Dörfer der Umgebung.
Mein Vater war 1948 aus amerikanischer Gefangenschaftgekommen. Nach der Währungsreform hatte er ein Auto, es war ein TEMPO Vierrad,gekauft, das zum Verkaufswagen umgerüstet wurde. Die ersten Waren, Obst undGemüse, erbettelte er sich auf Kommission. Vom Erlös kaufte er weitere Waren.Die Kunden waren froh, sich weite Wege ersparen zu können. Doch das ging nichtlange gut: Da die einheimischen Geschäftsleute durch den Verkauf meines Vatersam Hof des Kunden Einbußen hinnehmen mußten, senkten sie die Preise für Obstund Gemüse eine Zeitlang sehr stark. Dies hatte zur Folge, daß mein Vater seinGeschäft umstellen mußte. Er tauschte den Kleinlastwagen gegen einengeschlossenen PKW, ein TEMPO-Dreirad ein, und verkaufte fortan Lebensmittel. Sokonnte er seine Familie mit drei Kindern in der harten Zeit über Wasser halten.
Wir waren sehr arm. Wir Kinder bekamen nur abgetrageneBekleidung. Mein ganzer Stolz war eine alte Militärmütze mit Schirm und Krempe.Die Krempe konnte ich im Winter über die Ohren ziehen.
Eines Tages, ich war zehn Jahre alt, erhielt ich von Vaterden Auftrag, für ihn beim Kaufmann eine Schachtel Zigaretten zu holen. Er gabmir ein 50-Pfennig-Stück für eine Sechserpackung „Eckstein“. Der Laden war etwadrei Kilometer entfernt. Ich lief also zum Kaufmann, kaufte ein und begab michsogleich wieder auf den Heimweg. Da ich als Kind die Angewohnheit hatte, dieHände immer in die Hosentaschen zu stecken, hatte Mutter mir die Taschenzugenäht. Um meine Hände frei zu haben, mußte ich die Zigaretten an einer anderenStelle sicher deponieren. Nach kurzem Nachdenken kam ich auf die Mütze, genauergesagt, auf die Krempe. Also klemmte ich die Packung „Eckstein“ dort hinein.
Zu Hause angekommen, Vater war gerade dabei, dasVerkaufsfahrzeug, das TEMPO Dreirad, zu reparieren, wußte ich nicht mehr, woich die Zigaretten gelassen hatte. Vater war sehr aufgebracht. Nachdem ich mir eine Ohrfeigeund für den Rest des Tages Stubenarrest eingehandelt hatte, sollte ich soforthinauf in unsere Wohnung gehen. Wie üblich in solchen Situationen, verlangteVater von mir, den Sachverhalt in Form eines Aufsatzes wiederzugeben. Als ichdie Wohnung betrat und wie immer dabei meine Mütze abnahm, fielen dieZigaretten aus dem Mützenrand. Erleichtert lief ich zu Vater und übergab ihmfreudestrahlend die Packung.
Insgeheim hoffte ich, nunmehr den Aufsatz nicht mehrschreiben zu müssen. Jedoch weit gefehlt! Vater erließ mir zwar denStubenarrest, den Aufsatz aber verlangte er trotzdem. – Vermutlich erinnere ichmich deshalb so gut an diese Begebenheit!
Leseprobe aus dem Buch "Schlüssel-Kinder" . Zum Shop »
Berchtesgaden, Bayern; 1948–1953
Wir waren Umsiedler und wohnten in einer alten Villa inUnterstein an der Ache. Vater hatte einen fahrbaren Verkaufsladen fürLebensmittel, was in Berchtesgaden damals ungewöhnlich war. Damit fuhr er auchauf die Dörfer der Umgebung.
Mein Vater war 1948 aus amerikanischer Gefangenschaftgekommen. Nach der Währungsreform hatte er ein Auto, es war ein TEMPO Vierrad,gekauft, das zum Verkaufswagen umgerüstet wurde. Die ersten Waren, Obst undGemüse, erbettelte er sich auf Kommission. Vom Erlös kaufte er weitere Waren.Die Kunden waren froh, sich weite Wege ersparen zu können. Doch das ging nichtlange gut: Da die einheimischen Geschäftsleute durch den Verkauf meines Vatersam Hof des Kunden Einbußen hinnehmen mußten, senkten sie die Preise für Obstund Gemüse eine Zeitlang sehr stark. Dies hatte zur Folge, daß mein Vater seinGeschäft umstellen mußte. Er tauschte den Kleinlastwagen gegen einengeschlossenen PKW, ein TEMPO-Dreirad ein, und verkaufte fortan Lebensmittel. Sokonnte er seine Familie mit drei Kindern in der harten Zeit über Wasser halten.
Wir waren sehr arm. Wir Kinder bekamen nur abgetrageneBekleidung. Mein ganzer Stolz war eine alte Militärmütze mit Schirm und Krempe.Die Krempe konnte ich im Winter über die Ohren ziehen.
Eines Tages, ich war zehn Jahre alt, erhielt ich von Vaterden Auftrag, für ihn beim Kaufmann eine Schachtel Zigaretten zu holen. Er gabmir ein 50-Pfennig-Stück für eine Sechserpackung „Eckstein“. Der Laden war etwadrei Kilometer entfernt. Ich lief also zum Kaufmann, kaufte ein und begab michsogleich wieder auf den Heimweg. Da ich als Kind die Angewohnheit hatte, dieHände immer in die Hosentaschen zu stecken, hatte Mutter mir die Taschenzugenäht. Um meine Hände frei zu haben, mußte ich die Zigaretten an einer anderenStelle sicher deponieren. Nach kurzem Nachdenken kam ich auf die Mütze, genauergesagt, auf die Krempe. Also klemmte ich die Packung „Eckstein“ dort hinein.
Zu Hause angekommen, Vater war gerade dabei, dasVerkaufsfahrzeug, das TEMPO Dreirad, zu reparieren, wußte ich nicht mehr, woich die Zigaretten gelassen hatte. Vater war sehr aufgebracht. Nachdem ich mir eine Ohrfeigeund für den Rest des Tages Stubenarrest eingehandelt hatte, sollte ich soforthinauf in unsere Wohnung gehen. Wie üblich in solchen Situationen, verlangteVater von mir, den Sachverhalt in Form eines Aufsatzes wiederzugeben. Als ichdie Wohnung betrat und wie immer dabei meine Mütze abnahm, fielen dieZigaretten aus dem Mützenrand. Erleichtert lief ich zu Vater und übergab ihmfreudestrahlend die Packung.
Insgeheim hoffte ich, nunmehr den Aufsatz nicht mehrschreiben zu müssen. Jedoch weit gefehlt! Vater erließ mir zwar denStubenarrest, den Aufsatz aber verlangte er trotzdem. – Vermutlich erinnere ichmich deshalb so gut an diese Begebenheit!
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