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Wir Kinder vom Lande
Unvergessene Dorfgeschichten. Band 6

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Ärger mit Nero

Margret Holthaus Geschwister
Die Geschwister von Margret Holthaus in Lorup im Emsland ca. 1950
Geschichte von Margret Holthaus aus "Wir Kinder vom Lande"

Lorup, im Emsland, Niedersachsen; etwa 1949
Ich war schon als Kind sehr tierlieb und mochte Hunde besonders gern. Und so hatte auch unser Hund Fips den Vorteil, von mir sehr verwöhnt zu werden. Er nahm nicht alles, was ich ihm anbot. Zu genau wußte er, wie er es anstellen mußte, mein Herz so zu erweichen, daß ich ihn immer mit einem guten Häppchen versorgte. Dagegen fraß Nero, der Hund aus der Nachbarschaft, was er bekommen konnte, auch wenn es nur ein Stück trockenes Brot war. Und das hat mir so an ihm gefallen, daß ich ihm immer etwas gegeben habe. Ich betrachtete es als sein Dankeschön, wenn er mir darauf stets noch einige Meter hinterherlief und dann erst kehrtmachte.

Doch einmal, als ich Nero mit einem Stück Speck verwöhnt hatte, blieb er mir auf den Fersen. Und das ausgerechnet an dem Tag, als ich meinem Vater und meinem Bruder helfen mußte, das Vieh zum ersten Mal wieder auf die Weide zu treiben. Bestimmt war der Speck für Nero so köstlich gewesen, daß er sich davon noch mehr erhoffte. Es war die ungünstigste Situation, die man sich denken kann. Denn wenn die Kühe nach dem langen Winter im Stall wieder in die Freiheit kamen, waren sie anfangs kaum zu bändigen. Um sie nicht noch mehr zu verunsichern, mußte deshalb unser Hund zu Hause bleiben. Daß nun ausgerechnet Nero mir auf den Fersen blieb, brachte mich ganz schön in Rage. Zum Glück waren mein Vater und mein Bruder so sehr mit dem Vieh beschäftigt, daß sie den Hund zunächst gar nicht bemerkten. Aber kaum war das Vieh auf der Weide, eilte Nero an mir vorbei und stellte sich laut bellend vor die Kühe, die dann wie besessen hin und her liefen. Nun aber las mir Vater die Leviten: Hatte er mir nicht schon so oft gepredigt, ich solle mich nicht so viel um fremde Hunde kümmern?

Zur Strafe mußte ich mit Nero den weiten Weg bis nach Hause zu Fuß laufen und durfte nicht, wie vorgesehen, auf dem Fahrrad meines Bruders mitfahren. Verärgert darüber, was der Hund mir eingebrockt hatte, versuchte ich zuerst, ihn mit Schimpfen loszuwerden. Doch das kümmerte ihn keineswegs, er wich mir auch jetzt nicht von der Seite. Ich hob einen Stock, der auf dem Feldweg lag, warf und traf damit sein Hinterteil. Doch das sah er wohl als ein Spielchen an, denn er nahm ihn gleich beflissen auf, legte ihn mir flink wieder vor die Füße und wartete nur darauf, daß ich das Gleiche noch einmal tun würde. Was konnte ich da schon tun?

Einen letzten Versuch unternahm ich, als wir an einem Viehanhänger vorbei kamen, hinter dem ich mich versteckte. Durch die Ritzen der Bretter konnte ich Nero beobachten und war schon fast sicher, daß er mich diesmal aus den Augen verloren hatte. Aber es dauerte nicht lange, und er hatte mich wieder aufgespürt. Obendrein bellte er jetzt auch noch so laut, daß selbst der Bauer auf dem Feld aufmerksam wurde und angelaufen kam, um zu sehen, was es damit auf sich haben könnte. Nun wußte ich, es gab keine Möglichkeit für mich, Nero loszuwerden. Unterdessen hatten wir die größte Wegstrecke zurückgelegt, es war nicht mehr weit bis nach Hause. Ruhig und gelassen lief der Hund neben mir her. Doch als die ersten Häuser in Sicht kamen, rannte er, ohne sich noch einmal nach mir umzuschauen, einfach davon. Das enttäuschte mich nun doch sehr, und deshalb mußte er auf ein leckeres Häppchen von mir lange verzichten.

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