Leseprobe aus dem Buch
Im Konsum gibts Bananen
Alltagsgeschichten aus der DDR.
1946-1989
320 Seiten, viele Abbildungen. Klappenbroschur
ISBN 978-3-86614-264-0
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Alltagsgeschichten aus der DDR.
1946-1989
320 Seiten, viele Abbildungen. Klappenbroschur
ISBN 978-3-86614-264-0
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Wenn einer eine Reise tut...
Unser „Trabant“ ist bereit für die Weiterfahrt nach Hause:
Die neue Frontscheibe ist eingesetzt und unser Gepäck wieder eingepackt.
Balatonfüred/Balaton, Ungarn – ungarisch-tschechische Grenze
–Decín/Elbe, Tschechoslowakei – Bad Schandau/Elbe, Sächsische Schweiz – Berlin; Sommer 1988
Eine feuchte Rückfahrt
Elisabeth Dörffel
1988 fuhren mein Mann und ich wieder einmal mit unserem Trabi nach Ungarn, wo wir auf einem Campingplatz am Balaton vierzehn wunderschöne Tage bei herrlichem Sonnenwetter verlebten. Danach begaben wir uns frohgelaunt auf die Heimreise. Flott ging es auf der Autobahn vorwärts. In strahlendem Sonnenschein fuhren wir dahin, als wir auf einem Schild lasen: „Noch 80 Kilometer bis zum Grenzkontrollpunkt.“
Plötzlich gab es einen Knall – und unsere Frontscheibe hatte ein Loch und zersplitterte sofort in tausend Stücke! Ein Stein war von einem vor uns fahrenden LKW versehentlich hochgeschleudert worden und hatte ausgerechnet unsere Scheibe getroffen. Da wir nun nichts mehr sehen konnten, schoben wir den Wagen auf den Standstreifen. Hier entfernten wir den Rest der Scheibe zunächst gewissenhaft und fegten dann die vielen kleinen Glassplitter aus dem Inneren unseres Trabis. Als das getan war, erhob sich die bange Frage: Was nun?
Wir mußten ja weiter.
Wir beschlossen, von der Autobahn herunterzufahren, und tuckerten, der Not gehorchend, in unserem lädierten Auto durch die Landschaft. Zu allem Unglück setzte nun auch noch Nieselregen ein. Tapfer fuhren wir weiter Richtung ungarisch-tschechische Grenze. Endlich dort angekommen, mußten wir unsere Pässe vorzeigen, die wir gleich durch die nicht mehr vorhandene Frontscheibe reichten. Die Grenzer sahen sich verdattert an, riefen sich irgendwelche Scherzworte zu und brachen dann in schallendes Gelächter aus.
Uns war nicht nach Lachen zumute. Verbissen, verärgert und entnervt saßen wir im Auto. Nachdem wir unsere Ausweise zurückerhalten hatten und weiter konnten, verfolgte uns das Gelächter noch bis zum tschechischen Grenzübergang. Hier wiederholte sich die gleiche Prozedur: Die Grenzer und Zöllner lachten, klopften sich auf die Schenkel und winkten uns schließlich grinsend durch.
Zum Ärger hatten wir nicht nur den Spott, es sollte noch schlimmer kommen. Weil unser Treibstoff zur Neige ging, fuhren wir an die nächste Tankstelle. Während der Tankwart das Benzin einfüllte, kam ein junger Mann mit Lappen und Eimer auf unser Auto zugerannt, und ehe wir wußten, wie uns geschah, hatten wir einen nassen Lappen an der Backe!
Der junge Mann hatte unsere Frontscheibe putzen wollen und zu spät bemerkt, daß da gar keine war! Wieder schallendes Gelächter, diesmal auf beiden Seiten, denn wir waren ja ohnehin naß vom ständigen Nieselregen.
Weiter ging es, aber weil der Regen immer stärker wurde, steuerten wir den nächsten Parkplatz an. Es goß nun wie aus Eimern. Um uns und das Innere unseres Trabis zu schützen, legten wir unsere Luftmatratze vor den Rahmen der nicht mehr vorhandene Frontscheibe.
Wie waren wir glücklich, als ein Ehepaar mit seinem Wohnwagen vorbeikam, anhielt und fragte, ob wir Hilfe brauchten!
Sie luden uns in ihren Wohnwagen ein, wo wir uns erst einmal trockene Sachen anziehen konnten. Dann koppelte der junge Mann sein Auto vom Wohnanhänger ab und fuhr mit meinem Mann in die nächstliegende Stadt, um eine Frontscheibe zu kaufen. Leicht war das nicht. Es bedurfte großer Überredungskünste und einer sehr reichlich bemessenen Bezahlung, bis uns endlich eine Werkstatt eine Scheibe überließ. Zurück auf dem Parkplatz, zogen wir dann gemeinsam mit Hilfe einer Wäscheleine die neue Frontscheibe ein. Am nächsten Tag fuhren wir glücklich nach Hause und freuten uns, daß wir am DDR-Grenzkontrollpunkt Bad Schandau unsere Pässe wieder durch die Seitenscheibe reichen konnten.
Übrigens, die Scheibe hielt bis 1990, und unsere „Rennpappe" (scherzhafte Bezeichnung für den Trabant) hat uns noch viele treue Dienste geleistet.
Eine feuchte Rückfahrt
Elisabeth Dörffel
1988 fuhren mein Mann und ich wieder einmal mit unserem Trabi nach Ungarn, wo wir auf einem Campingplatz am Balaton vierzehn wunderschöne Tage bei herrlichem Sonnenwetter verlebten. Danach begaben wir uns frohgelaunt auf die Heimreise. Flott ging es auf der Autobahn vorwärts. In strahlendem Sonnenschein fuhren wir dahin, als wir auf einem Schild lasen: „Noch 80 Kilometer bis zum Grenzkontrollpunkt.“
Plötzlich gab es einen Knall – und unsere Frontscheibe hatte ein Loch und zersplitterte sofort in tausend Stücke! Ein Stein war von einem vor uns fahrenden LKW versehentlich hochgeschleudert worden und hatte ausgerechnet unsere Scheibe getroffen. Da wir nun nichts mehr sehen konnten, schoben wir den Wagen auf den Standstreifen. Hier entfernten wir den Rest der Scheibe zunächst gewissenhaft und fegten dann die vielen kleinen Glassplitter aus dem Inneren unseres Trabis. Als das getan war, erhob sich die bange Frage: Was nun?
Wir mußten ja weiter.
Wir beschlossen, von der Autobahn herunterzufahren, und tuckerten, der Not gehorchend, in unserem lädierten Auto durch die Landschaft. Zu allem Unglück setzte nun auch noch Nieselregen ein. Tapfer fuhren wir weiter Richtung ungarisch-tschechische Grenze. Endlich dort angekommen, mußten wir unsere Pässe vorzeigen, die wir gleich durch die nicht mehr vorhandene Frontscheibe reichten. Die Grenzer sahen sich verdattert an, riefen sich irgendwelche Scherzworte zu und brachen dann in schallendes Gelächter aus.
Uns war nicht nach Lachen zumute. Verbissen, verärgert und entnervt saßen wir im Auto. Nachdem wir unsere Ausweise zurückerhalten hatten und weiter konnten, verfolgte uns das Gelächter noch bis zum tschechischen Grenzübergang. Hier wiederholte sich die gleiche Prozedur: Die Grenzer und Zöllner lachten, klopften sich auf die Schenkel und winkten uns schließlich grinsend durch.
Zum Ärger hatten wir nicht nur den Spott, es sollte noch schlimmer kommen. Weil unser Treibstoff zur Neige ging, fuhren wir an die nächste Tankstelle. Während der Tankwart das Benzin einfüllte, kam ein junger Mann mit Lappen und Eimer auf unser Auto zugerannt, und ehe wir wußten, wie uns geschah, hatten wir einen nassen Lappen an der Backe!
Der junge Mann hatte unsere Frontscheibe putzen wollen und zu spät bemerkt, daß da gar keine war! Wieder schallendes Gelächter, diesmal auf beiden Seiten, denn wir waren ja ohnehin naß vom ständigen Nieselregen.
Weiter ging es, aber weil der Regen immer stärker wurde, steuerten wir den nächsten Parkplatz an. Es goß nun wie aus Eimern. Um uns und das Innere unseres Trabis zu schützen, legten wir unsere Luftmatratze vor den Rahmen der nicht mehr vorhandene Frontscheibe.
Wie waren wir glücklich, als ein Ehepaar mit seinem Wohnwagen vorbeikam, anhielt und fragte, ob wir Hilfe brauchten!
Sie luden uns in ihren Wohnwagen ein, wo wir uns erst einmal trockene Sachen anziehen konnten. Dann koppelte der junge Mann sein Auto vom Wohnanhänger ab und fuhr mit meinem Mann in die nächstliegende Stadt, um eine Frontscheibe zu kaufen. Leicht war das nicht. Es bedurfte großer Überredungskünste und einer sehr reichlich bemessenen Bezahlung, bis uns endlich eine Werkstatt eine Scheibe überließ. Zurück auf dem Parkplatz, zogen wir dann gemeinsam mit Hilfe einer Wäscheleine die neue Frontscheibe ein. Am nächsten Tag fuhren wir glücklich nach Hause und freuten uns, daß wir am DDR-Grenzkontrollpunkt Bad Schandau unsere Pässe wieder durch die Seitenscheibe reichen konnten.
Übrigens, die Scheibe hielt bis 1990, und unsere „Rennpappe" (scherzhafte Bezeichnung für den Trabant) hat uns noch viele treue Dienste geleistet.
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