112 Seiten, zahlreiche Fotos.
Broschiert.
Sammlung der Zeitzeugen (61),
Zeitgut Verlag, Berlin.
Preisreduziert
ISBN: 3-86614-127-0, EURO 6,90 |
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Der Versuch, die DDR zu verlassen, war strafbar. Etwa 75.000 DDR-Bürger sind deshalb verurteilt worden. Allein über Bulgarien sollen zwischen 1960 und 1989 zirka 4.500 Fluchtversuche unternommen worden sein. Was die DDR-Bürger nicht wussten: Bulgarische Grenzsoldaten erhielten für Todesschüsse auf deutsche Flüchtlinge von der DDR-Regierung Prämien von 1.000 bis 2.000 DDR-Mark - ein Vermögen damals in Bulgarien. Etwa 100 Todesfälle durch Erschießungen im bulgarichen Grenzgebiet soll es gegeben haben. Professor Stefan Appelius untersucht die "Rätsel der verschwundenen Leichen" und sucht Menschen, deren Angehörige und Freunde nach Osteuropa-Reisen spurlos verschwunden sind.
Unzufrieden und ahnungslos
Helga Priester wusste von alledem nichts, als sie im Frühjahr 1963 auf einer Party in der Mensa der Rostocker Universität Max Aust begegnete: "… wir lernten uns näher kennen und tauschten unsere politischen Ansichten aus: Wir waren mit dem System nicht einverstanden und wollten nicht länger eingemauert leben."
Die einzige Möglichkeit, aus der DDR herauszukommen sei eine Auslandsreise nach Bulgarien, eröffnet ihr Max seinen Plan. Der dichte Wald in Bulgarien könne nicht lückenlos bewacht werden. Er wirkt so entschlossen, dass Helga Priester ihm und seinem Vorhaben gern Glauben schenkt.
Bereits ein Jahr zuvor hatte sie versucht, bei einen Urlaub in Kuba in den Westen zu gelangen. Doch die Kubakrise machte ihr einen Strich durch die Rechnung. Und auch ihren Versuch, bei einer Schiffstour nach Gedser in Dänemark in den Westen zu fliehen, musste sie abbrechen.
Als Touristen nach Bulgarien
Als offizielle Teilnehmer einer DDR-Auslandsreise nach Süd-Bulgarien beginnen Helga Priester und Max Aust im Sommer 1963 die Flucht. "Für Sonntag, den 14. Juli, war in Pamporovo ein großes Bauarbeiterfest geplant, zu dem 3000 Menschen mit Bussen erwartet wurden. Wir beschlossen, unsere Flucht auf diesen Tag zu legen, denn im Trubel konnten wir am besten ungesehen aus dem Ort verschwinden. Um nicht die belebte Straße Richtung Sneshanka-Gipfel nehmen zu müssen, kundschafteten wir einen kürzeren Trampelpfad aus. Im Schummerlicht, gegen 20.30 Uhr, gingen wir langsam den Berg hinunter."
Eine schwierige Wanderung mit angstvollen Begegnungen und anstrengenden Kletterpartien führt sie immer näher an die bulgarisch-griechische Grenze, die damals viel stärker bewacht wurde, als ihr Fluchtpartner Max glaubte.
Ihre Zeit in bulgarischen Gefängnissen, die Überstellung in die DDR, den Prozesss und die harte Haft in der Rostocker Stasiuntersuchungshaftanstalt schildert Helga Priester in ihren Erinnerungen, die sie Mitte der sechziger Jahre heimlich aufzeichnete. Im Gefängnis hatte sie eine Verpflichtung unterschrieben, wonach sie über die Flucht, den Prozess und die Haft nichts weitergeben würde. Bis heute hatte sie sich daran gehalten.
Erschreckende späte Erkenntnis
Erst im Jahr 2008 ist ihr bewußt geworden, wie nahe sie damals tatsächlich einer gezielten Erschießung im bulgarischen Grenzbereich standen. Mit Grausen erinnert sie sich einer Szene (im Buch auf Seite 41 geschildert) in der der "nette" bulgarische Reise-Dolmetscher George nach der Verhaftung bei einer öffentlichen "Vorführung" im Hotel zu ihnen sagte, wäre er an der Grenze gewesen, hätte er sie erschossen. Zum Autor: Helga Priester, geb. 1936 in Dortmund, 1943 Umsiedlung nach Kühlungsborn, später nach Rostock. Musische Erziehung: Klavierunterricht, Keramikunterricht. Ausbildung zur Medizinisch-technischen Assistentin, ab 1956 tätig an der Universitäts-Frauenklinik in Rostock, dort 36 Jahre tätig als leitende MTA im histologischen Labor. 1992 ausgeschieden. Ab 1970 Mitglied im Zirkel für Malerei und Grafik der Universität Rostock. Teilnahme an zwei Förderklassen. Seit 1992 als selbständige Malerin und Grafikerin tätig. Einzelausstellungen mit Malerei und Grafik in Mecklenburg-Vorpommern. |